Flugpatin Daniela Seegardel erzählt……………..

Daniela Seegardel
Februar 2016 – zweieinhalb Tage Mallorca liegen nun fast hinter mir. Mit eigenen Augen konnte ich sehen, dass jeder Cent, den wir über die Fellherzen-Trilogie eingenommen haben, an der richtigen Stelle angekommen ist.
Die Tiere werden gepflegt, ihre äußeren und inneren Wunden versucht man zu heilen. Die Perreira-Feen um Manuela tun alles, um den heimatlosen Ruhe zu geben, ihnen die Sonne des Lebens wieder zu geben und ihnen den Weg in eine Zukunft zu ebnen.
Heute – als krönender Abschluss quasi – darf ich Teil eines solchen Weges sein. Ich darf Flugpatin sein für einen kleinen Whippet mit dem großen Namen Armani. Er ist ein witziger Geselle, Ausbrecher-König, Klettermaxe und Charmeur. Mit großen Knopfaugen sucht er das Gelände ab, sobald er aus seinem Freilauf draußen ist. Mit schmusen hat der Wirbelwind nicht viel am Hut. Er checkt jeden Zentimeter Boden, flitzt durch die Gegend, spielt und tobt mit den anderen Hunden.
Schon ein paar Tage zuvor habe ich mit der zukünftigen Familie Kontakt aufgenommen. Ein paar Worte werden per SMS gewechselt, man scheint sich auf ihn zu freuen. Ich kann mit dem Kleenen erstmal nicht wirklich was anfangen. Mein Herz hängt an den großen Knautschbacken, die ich zwei Tage lang mit an den Strand nehmen und ihnen einen Fitzel Freiheit schenken durfte. Voll mit Eindrücken, Sehnsüchten, Ängsten, Glück, Trauer, Zufriedenheit und Unsicherheit verlasse ich diese Insel. Mein Herz bleibt ein bisschen hier, aber ich darf ja auf den letzten Stunden noch was Gutes tun. Soweit der Plan.
Wir packen Armani ins Geschirr, der das mit sparsamen Blicken quittiert, sich aber nicht weiter stören lässt. Der Abschied von Manuela muss schnell geschehen, ich muss hier weg, das Gesehene, Erlebte, Gefühlte erstmal verarbeiten. Der kleine Flitzer wird ins Auto gepackt. Ein paar Umarmungen später sitzen wir im Kastenwagen auf dem Weg zum Flughafen. Sandra hält Armani im Arm, der kuschelt sich ein und schläft erstmal ne Runde – als würde er uns schon ewig kennen. Vertrauen pur.
Am Flughafen lassen wir Armani nochmal sein Geschäft erledigen – mitten auf einer Rasenfläche im Verkehr. Er ist so selbstbewusst als wäre er schon tausend mal geflogen. Wir packen ihn in seine Tasche (in die er sich legen muss, denn er ist zwar kurz, steht aber verflixt hoch auf den Beinen). Auch das nimmt der Zwerg einfach so als gegeben hin. Wie kann man so ein Wesen einfach nicht haben wollen. Mein Herz regt sich … aber nur ein bisschen.
Wir checken ein und gehen mit unserer Schatztasche in ein Kaffee. Wir brauchen noch ein Bier zum Abschluss (um uns zu beruhigen, meine Kopf-Turbulenzen und Sandras Flugangst). Dann heißt es auch hier Abschied nehmen. Sandra fliegt nach Hannover, ich nach Köln. Das boarding verläuft einwandfrei. Armani und ich haben die letzte Reihe komplett für uns. Die Tasche wird auf dem Sitz neben mir platziert und angeschnallt. Der kleine Herr schläft. Der Tag war halt sehr aufregend.
Boarding completed – wir rollen los. Als die Maschinen kurz vor dem Start aufheulen wird Armani unruhig. Ich umgehe alle Sicherheitsvorschriften und öffne die Tasche. Kraule ihn unterm Kinn und im Nacken. Ich werde die Hand die nächsten zwei Stunden dort nicht rausholen. In diesen zwei Stunden passiert etwas merkwürdiges mit mir. Ich scheine mich mit dem kleinen Hund, dessen Kopf in meiner Hand ruht zu verbinden. Szenen der letzten zwei Tage laufen vor meinem inneren Auge. Ich könnte heulen – vor Glück und Trauer. Armani spürt, dass mit mir was nicht passt und leckt mir die Hand. Dann schläft er weiter.
Den Touchdown (Landung wäre das falsche Wort) kriegt er gar nicht mit. Auch das Verlassen der Maschine verschläft er in seiner Tasche. Ich mache mich auf den Weg, das Gepäck zu holen. Den ganzen Tag hab ich immer mal wieder eine Nachricht abgesetzt. Ich weiß, man wartet auf ihn. Wie? Ich hab ihn NICHT für mich mitgebracht? Nein, in mir krampft sich alles zusammen.
Ich geh da nicht raus, dann nehmen sie ihn mir weg. Ich bin sicher, das ist die falsche Familie für ihn. Er vertraut doch jetzt mir – ich kann ihn nicht weitergeben. Sollen sie doch selbst rüberfliegen, wenn sie einen Hund haben wollen. Aber auf meiner zweiten Schulter sitzt die andere Stimme, die sagt „Es ist richtig, bring ihn einfach raus, und schau dir an, was passiert“.
Die erste Stimme sagt „Und wehe die machen einen Fehler, wenn die zu laut sind oder zu leise. Wenn sie ihn überfallen oder ignorieren … Wenn sie nur verkehrt gucken … dann werden sie mit mir um den Hund kämpfen müssen, egal was kommt.“
Ich hebe Armani aus seiner Tasche und schlucke den Kloß im Hals runter. Dann locke ich ihn mit mir aus der großen Glastüre hinaus. Das erste was ich sehe, ist ein Mann, dessen Augen ganz weich werden, als er Armani sieht. „Okay, na gut“ nuschelt die erste Stimme. Wir reden kurz miteinander, der Herr und ich. Ich höre gar nicht richtig was er sagt. Dann sehe ich sie. Sie, die sich mitten im schmutzigen Kölner Flughafen auf den Boden hockt und Armani die offenen Hände bietet. Sie reißt ihn nicht von den dürren Beinchen auf den Arm, sie zerrt nicht an seiner Leine. Sie bietet sich ihm einfach an. Und Armani nimmt sie, einfach so, ganz und gar. Leckt ihr die Hände, klettert in ihre Arme und wedelt wie ein Propellor.
„Puff“ macht es in meinem Herzen und die erste Stimme verschwindet, einfach so. Mit ganzer Liebe gebe ich diesen Hund seiner Familie, sie gehören zusammen. Ich weiß es, einfach so, ohne es auch nur eine Sekunde in Zweifel zu ziehen.
Ich wünsche euch ein wunderschönes gemeinsames Leben. Und danke, Armani, dass ich deine Flugpatentante sein durfte

abschied-von-armani

 

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